Светлана Викторовна » 02 сен 2018, 18:31
Конкурс 2018(для студентов)
Друзья-переводчики, конкурс по переводу немецкого художественного текста на русский язык среди студентов и старшеклассников в самом разгаре! В этот раз он состоится накануне приезда автора переводимого текста, очень известного в Германии писателя Инго Шульце. Его приезд в Саратов — подарок Гете-Института в связи с 20-летним юбилеем Немецкого читального зала. Многие книги писателя переведены на русский язык, а вот последний роман «Peter Holtz», о котором много пишут в Германии, еще не переведен. Книга есть в Немецком читальном зале и в Online-библиотеке Гете-Института (если Вы там уже зарегистрировались). Для конкурса предлагаем перевести небольшие отрывки из этого романа. Размещаем их здесь же. Проверит и оценит работы квалифицированное жюри: доценты и преподаватели кафедры романо-германской филологии и переводоведения ИФиЖ СГУ им. Н. Г. Чернышевского. 1 октября в Немецком центре состоится финал конкурса. Приглашаем молодых людей, изучающих немецкий язык открыть свой талант в переводе! Работы принимаем до 25 сентября! Грамоты победителям вручит сам автор!
Т.: 27 52 77
Текст для студентов:
Ingo Schulze "Peter Holtz":
Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst: Roman
(In dem Peter ohne einen Pfennig in der Tasche eine Gaststätte aufsucht und erklärt, warum er das für richtig hält. Überlegungen zum Stellenwert des Geldes im Sozialismus).
An diesem Sonnabend im Juli 1974, acht Tage vor meinem zwölften Geburtstag, weiß ich noch nichts von meinem Glück. Ich sitze auf der Terrasse eines Ausflugslokals nahe Waldau und warte darauf, dass jemand die Kellnerin von der Richtigkeit meiner Argumente überzeugt oder meine Rechnung in Höhe von vier Mark und fünfzig Pfennigen begleicht. Mehrmals habe ich ihr schon erklärt, über kein Geld zu verfügen, weder in meinen Hosentaschen noch dort, wo ich zu Hause bin, im Kinderheim Käthe-Kollwitz in Gradow an der Elbe.»Geld ist doch nicht wichtig!«, sage ich und füge gleich darauf hinzu: »Solange ich ein Kind bin, muss unsere Gesellschaft für mich sorgen, egal, ob im Kinderheim oder auf einer Reise an die Ostsee.«Wiederholt biete ich der Kellnerin an, die von mir verzehrte Portion Eisbein mit Kartoffeln, Sauerkraut und Senf sowie das Glas Fassbrause abzuarbeiten, sie brauche mir nur eine Aufgabe zuzuweisen. Ich wolle sie aber nicht wegen Kinderarbeit in Schwierigkeiten bringen. Naheliegend sei es hingegen, mir die Verköstigung nicht zu berechnen. »Warum soll mir unsere Gesellschaft das Geld erst aushändigen«, frage ich, »wenn dieses Geld doch über kurz oder lang sowieso wieder bei ihr landet?«»Wo landet das Geld?«, ruft die Kellnerin, deren Stimme mit jedem Wort an Höhe gewinnt.»Bei der Gesellschaft«, antworte ich.»Bei dir piept’s ja!« Die Kellnerin tippt sich mehrmals mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. »Hast se ja nich mehr alle!« Sie ergreift ihren dicken schwarzen Zopf, der schräg über ihrem Dekolleté liegt, und schleudert ihn über die Schulter zurück. Im Weggehen schwingt der Zopf zwischen Schulterblatt und Schulterblatt hin und her und beruhigt sich erst, als sie sich anschickt, die drei Stufen zur Eingangstür des Lokals hinaufzusteigen.
Ich versuche, wie immer in kniffligen Situationen, kühlen Kopf zu bewahren und meine Enttäuschung darüber, wie uneinsichtig selbst Erwachsene heute noch sein können, niederzukämpfen. Was würde Paul Löschau jetzt tun? Ich sehe in den Himmel. Die Wolkenbeobachtung, hat er gesagt, sei die beste Art der Erholung, wenn einem die Kraft zum Studieren fehle. In der Gestalt der Wolken haben wir immer etwas entdeckt. Gewaltige Igel, Krebse, Hasen und Bären zogen über uns hinweg. Es hat aber auch Tage gegeben, an denen wir die Vorkämpfer unserer Sache erblickt haben, Ernst Thälmann oder Rosa Luxemburg, einmal sogar Lenin mit vorgerecktem Kinn!Doch heute will sich keine einzige Wolke verwandeln. Soll ich einfach wegrennen? Aber damit stellte ich meine eigenen Belange über die der Gesellschaft. Am Ende hält die Kellnerin ihren Egoismus noch für Wachsamkeit!Der Andrang der Gäste ist inzwischen so groß geworden, dass es etliche Wartende gibt, die durch einen Kellner von der Eingangstür vertrieben und zu einer Reihe geordnet werden. Ich will einen letzten Versuch unternehmen, die Kellnerin zu überzeugen!»Hinten beginnt die Reihe!«, ruft ein Mann. Fast stolpere ich, so grob packt er mich am Ellbogen und zerrt mich zurück. »Ganz hinten!«, ergänzt die Frau neben ihm.»Ich muss meine Kellnerin sprechen«, sage ich. »Ich habe bereits gegessen und getrunken, aber die Kellnerin besteht darauf, dass ich bezahle …« Ich sehe von einem zum anderen, aber niemand erwidert meinen Blick. Als ich schließlich darzulegen beginne, wie unsinnig die Verwendung von Geld im Sozialismus ist, sieht mich die Frau mit verkniffenen Augen an und deutet mit dem Daumen über die Schulter. »Ganz hinten«, wiederholt sie.Da sich die Kellnerin nicht zeigt, weiß ich mir nicht anders zu helfen und stelle mich dem Kellner in den Weg.»Keene Oogen im Kopp?!« Er schiebt mich beiseite und eilt in seinen schwarzen Lackschuhen davon.